finaDelmenhorster Richter beschneidet Bäume kurzerhand selbst.

Die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg teilte im September 2011 einen kuriosen Fall aus dem eigenen Gerichtsbezirk mit.
Gerichte entscheiden täglich über zahlreiche Rechtsstreitigkeiten mit durchdachten Urteilen und Beschlüssen. Das muss aber nicht immer so sein. Manchmal ist eine praktische und schnelle Lösung mit scharfem Werkzeug die einfachste und beste.
Das hat sich auch ein Amtsrichter aus Delmenhorst gesagt, als er den langjährigen Streit zwischen zwei Grundstücksnachbarn über den Bewuchs entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu entscheiden hatte. Während der eine Nachbar darauf bestand, dass keine Zweige und Äste auf sein Grundstück hinüber wachsen, war es dem anderen Nachbar wichtig, dass sich die Bäume und Sträucher in seinem Garten möglichst natürlich entfalten können.
Ein früherer Vergleich vor dem Schiedsmann ließ sich trotz anwaltlicher Hilfe nicht in eindeutige Handlungsanweisungen umsetzen. So stritten die Nachbarn vor Gericht weiter. Der zuständige Amtsrichter ordnete kurzerhand einen Ortstermin gemeinsam mit den streitenden Parteien und ihren Anwälten an. Dort war schnell klar, es muss eine unwiderrufliche und praktische Entscheidung her.
Der Richter bat die eine Partei um eine scharfe Astschere und die andere Partei um eine ebensolche Bügelsäge. Statt endloser juristischer Diskussionen ging er jeden Baum und jeden Strauch Ast für Ast mit den Parteien durch und legte mit Zustimmung der Parteien selber Hand an.
Der Streit erledigte sich im Handumdrehen. Die Parteien akzeptierten diese praktische Lösung und der Rechtsstreit konnte beendet werden. Allerdings muss der Amtsrichter jetzt noch über die Kosten des Rechtsstreits entscheiden.

finaDer Bundesgerichtshof hat am 28.09.2011– VIII ZR 242/10- eine Entscheidung zu den Anforderungen an die gemäß § 554 Abs. 3 BGB erforderliche Modernisierungsankündigung getroffen.

Wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs mitteilte, sind die Kläger zusammen mit weiteren Personen Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in München. Sie beabsichtigen, an der Westseite des Hauses Balkone anzubringen. Sie beanspruchen vom Beklagten, der Mieter einer der betroffenen Wohnungen ist, die Duldung dieser Anbringung.
Hierzu kündigten sie dem Beklagten stichwortartig die durchzuführenden Baumaßnahmen, und zwar unter anderem „Installation von Heizung und Elektroinstallation im betroffenen Wandbereich“, das Datum des vorgesehenen Baubeginns, die mit 6 Wochen geplante Bauzeit sowie den Betrag der voraussichtlichen Mieterhöhung schriftlich an. Zugleich teilten sie dem Beklagten mit, dass für die Arbeiten innerhalb der Wohnungen eine Bauzeit von fünf Tagen zuzüglich Malerarbeiten nach einer Trockenzeit von einer Woche veranschlagt werde. Die gemäß § 554 Abs. 2 BGB auf Duldung der Baumaßnahmen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
Die dagegen gerichtete Revision des Mieters ist ohne Erfolg geblieben. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der mit der Modernisierungsankündigung verfolgte Zweck nicht verlangt, dass jede Einzelheit der beabsichtigten Maßnahmen in der Ankündigung beschrieben und jede Auswirkung mitgeteilt wird. Die Ankündigung muss dem Mieter eine zureichende Kenntnis darüber vermitteln, in welcher Weise die Wohnung durch die Modernisierung verändert wird und wie sie sich auf den zukünftigen Mietgebrauch und die zu zahlende Miete auswirkt.
Hierfür genügt es, wenn die Ankündigung den Mieter, der die baulichen Gegebenheiten der Wohnung kennt, in die Lage versetzt, sich ein realitätsnahes Bild von den beabsichtigten baulichen Maßnahmen zu machen. Diesen Anforderungen ist das Ankündigungsschreiben im vorliegenden Fall gerecht geworden, so dass der Mieter die Modernisierungsmaßnahmen zu dulden hat.

finaDer Sinn von neuen Gesetzen ist manchmal unklar. Mit der Einführung des neuen „Zentralen Testamentsregisters“ zum 01.01.2012 setzt der Gesetzgeber allerdings eine von der Praxis lange geforderte Neuregelung endlich um.
Derzeit betreiben mehr als 5000 Standesämter und das Amtsgericht Schöneberg in Berlin jeweils eigene Testamentsverzeichnisse. Da können wichtige Informationen schon einmal auf der Strecke bleiben. Ein Testament kann noch so gut und sinnvoll aufgesetzt worden sein. Es muss in jedem Fall aufgefunden und eröffnet werden. Nur dann wird der letzte Wille des Erblassers auch umgesetzt.

In das neue Zentrale Testamentsregister (ZTR) bei der Bundesnotarkammer in Berlin werden Verwahrangaben zu allen erbfolgerelevanten Urkunden aufgenommen. Registerfähig sind alle notariellen Urkunden und Privattestamente aus besonderer amtlicher Verwahrung. Gespeichert werden nur die relevanten  Personenstandsdaten des Erblassers,  Bezeichnung und Anschrift der Verwahrstelle, Art sowie Datum und Aktenzeichen des erbfolgerelevanten Vorgangs und Name und Amtssitz des amtierenden Notars. Die Urkunde selbst oder deren Inhalte werden nicht gespeichert. Es gilt der Grundsatz der „Datensparsamkeit“. Niemand kann also vor dem Sterbefall inhaltliche Informationen über den letzten Willen des Erblassers in Erfahrung bringen.

Jeder Sterbefall wird künftig vollautomatisch auf einen Eintrag im Zentralen Testamentsregister überprüft. So wird sichergestellt, dass die Verwahrstelle und das zuständige Nachlassgericht über eine erbfolgerelevante Urkunde informiert werden kann. Das Testament wird sodann eröffnet und an das Nachlassgericht abgeliefert.

Durch den Einsatz moderner Kommunikationstechnologie ermöglicht das Verfahren das sichere Auffinden von Erbfolgeurkunden und damit die Durchsetzung des testierten letzten Willens, denn ein Testament kann nur dann seine Wirkungen entfalten, wenn es auch tatsächlich eröffnet wird. Die Abfrage erfolgt ausschließlich elektronisch und nur durch Amtsträger wie Notare und Gericht unter Angabe des Geschäftszeichens. Alle Daten werden  vollständig verschlüsselt übertragen und gespeichert.

Geführt wird das neue Register bei der Bundesnotarkammer in Berlin, die langjährige Erfahrungen durch den Betrieb des Zentralen Vorsorgeregisters für Patientenverfügungen aufweisen kann. Anders als bei dem freiwilligen Vorsorgeregister ist die Eintragung von Testamenten gesetzlich vorgeschrieben.

Die Datenübermittlung erfolgt durch den Notar, handschriftliche Testamente aus der besonderen amtlichen Verwahrung meldet das zuständige Amtsgericht. Notare und Gerichte sind über sichere Datenverbindungen des Justiz- und Notarnetzes mit der Registerbehörde verbunden. Die Registrierung wird ausschließlich elektronisch und in Echtzeit vorgenommen. Es ist vorgesehen, dafür eine Registrierungsgebühr von 15 EUR zu erheben.

Die Bundesnotarkammer richtet das Zentrale Testamentsregister zurzeit ein und führt noch in diesem Sommer einen Probebetrieb durch. Der Registerbetrieb wird am 01.01.2012 aufgenommen.

finaBrauchen Sie eine Rechnung? Können wir das nicht „auch so“ machen? Diese Fragen werden vor einer Auftragsvergabe immer offener gestellt und gemeint ist stets das Erbringen von Bauleistungen ohne Rechnung, also Schwarzarbeit.

Schwarzarbeit hat in Zeiten ständig steigender Steuern und Abgaben Hochkonjunktur. Alle Beteiligten wissen dabei, dass sie Geld- oder Haftstrafen und hohe Bußgelder riskieren. Dennoch ist ein Unrechtsbewusstsein so gut wie nicht vorhanden.

Unkenntnis besteht dagegen häufig über die zivilrechtlichen Ansprüche der „Vertragsparteien“ untereinander, wenn es zu „Leistungsstörungen“ kommt.

Das Oberlandesgericht Hamburg (Az.: 5 U 248/08) hatte erst kürzlich wieder über einen Vertrag zu richten, der wegen Verstoßes gegen das „Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung“ nichtig ist. Der Auftraggeber zahlte einfach die vereinbarte Vergütung für die schwarz erbrachten Bauleistungen nicht. Vor Gericht berief er sich auf die Nichtigkeit des Vertrages. Die erbrachten Bauleistungen wollte er natürlich behalten.

Ohne Erfolg. Das OLG verurteilte den Auftraggeber wie schon zuvor das Landgericht Hamburg zur vollen Zahlung. Der Vertrag sei zwar als nichtig anzusehen. Den Beteiligten ist es aber regelmäßig nach „Treu und Glauben“ nicht erlaubt, sich auf diese Nichtigkeit zu berufen.

Das sahen die Gerichte vor nicht allzu langer Zeit noch ganz anders. Bei Schwarzarbeit gab es in der Vergangenheit überhaupt keine Ansprüche untereinander. Der vereinbarte Lohn konnte nicht eingeklagt werden, der Kunde hatte keine Rechte bei Mängeln. Die Beteiligten wurden ganz bewusst auch zivilrechtlich für ihr Handeln „bestraft“.

Der Bundesgerichtshof leitete erst vor wenigen Jahren eine radikale Kehrtwende ein. Nunmehr bleiben bei einer „Ohne-Rechnung-Abrede“, wie Schwarzarbeit im Juristendeutsch jetzt vornehm genannt wird, die Grundregeln des Werkvertragsrechts in Kraft. Der Auftraggeber muss die vereinbarte Vergütung bezahlen und der Unternehmer hat für die Mängelfreiheit seiner Bauleistungen voll zu haften. Alle gegenseitigen Ansprüche sind vor Gericht einklagbar.

Zu Unrecht wurde der BGH dafür als Förderer der Schwarzarbeit beschimpft. Denn Schwarzarbeit ist auch weiterhin verboten. Mit seiner Rechtsprechungsänderung wollten die Bundesrichter lediglich den schwarz arbeitenden Unternehmer, der schon keine Steuern an den Staat abführt, nicht auch noch mit dem Wegfall von Gewährleistungspflichten „belohnen“.

Riskant bleibt die „Ohne-Rechnung-Abrede“ aber auch weiterhin. Kommt ein solcher Fall vor Gericht, landen die Akten nicht selten bei anderen staatlichen Behörden wie Steuerfahndung oder Zoll. Wer ohne Rechnung beauftragt, erhält in der Regel auch keine Quittung. Flattert dem Auftraggeber dann plötzlich doch noch eine offizielle Rechnung über erbrachte Bauleistungen ins Haus, kann er häufig nicht nachweisen, schon bar bezahlt zu haben. Mitunter zahlt er dann für eine und dieselbe Bauleistung zweimal.

Wer Handwerkerleistungen gegen ordentliche Rechnung erbringen lässt, kann für jedes Jahr bis zu 20 Prozent der Lohnkosten, höchstens 3.000 Euro – steuerlich abziehen. Das ergibt eine Steuerentlastung von bis zu 600 Euro pro Jahr und wiegt oft die Ersparnis bei „Ohne-Rechnung-Abreden“ mehr als auf.